Sein Beruf sollte Maler sein. Man hat sein Talent schon früh erkannt und eine Ausbildung in bildender Kunst empfohlen. Zu der kam es auch in Malkursen an der bedeutenden Prager Kunstfachschule (UMPRUM). Nur das Schicksal und die Umstände wollten es anders. Zuerst hat die soziale Lage der Familie es nicht erlaubt diese Ausbildung fortzusetzen und die nationalsozialistische Besetzung der ehemaligen Tschechoslowakei hat diese Situation zur Endgültigkeit gebracht. Ota Sik wurde wegen seiner Beteiligung am Widerstand in das Konzentrationslager Mauthausen gebracht und war dort bis zum Ende des Kriegs, fast 5 Jahre inhaftiert. Im Konzentrationslager und nach der Befreiung war er der Meinung, dass es wichtig und notwendig ist, sich politisch zu betätigen. Als Mitglied der kommunistischen Partei hat er sich in der Wirtschaftswissenschaft ausbilden lassen. In diesem Bereich hat er auch international erfolge erzielt und bedeutende Positionen eingenommen, nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in der Politik. Gebracht hat er es bis zum Hochschulprofessor, zum Vizeministerpräsident in der Ära des Prager Frühlings, und er war ein in der ganzen Welt anerkannter Kopf der Reformbewegung im ökonomischen Bereich. Diese Tätigkeit und auch die Erfolge haften ihm an und halten sich hartnäckig als ein Kriterium der Beurteilung. Der Begriff, der malende Wissenschaftler, ärgert den heute emeritierten Professor, denn er hat zwar spät, aber mit unglaublicher Vehemenz die Tätigkeit ergriffen, zu der er sich schon dehr früh in seinem Leben bestimmt gefühlt hat, zur Malerei. Er sieht auch keine direkten Beziehungen der Tätigkeit als Ökonom, zu seiner Malerei. Ich sehe da schon eine gewissen Verbindung: wie er als Wirtschaftsreformer vor keinen Tabus scheute und immer experimentierfreudig war und durch Experimente die Möglichkeiten der weiteren Weg erprobt hat, so tut er es auch in der Malerei.
Das Schicksal war unerbittlich; seine Arbeiten aus 5 Jahren der Vorkriegszeit sind nicht erhalten geblieben. Sik konnte daher nicht an sie anknüpfen und musste von Null anfangen. Aber eins war untrennbar mit seinem Temperament und Charakter verbunden und hat auch seine wissenschaftliche Arbeit charakterisiert: nicht nur für die eigenen Befriedigung zu arbeiten, sondern für das Wohl der anderen. In der Malerei bedeutet das, Freude zu vermitteln, aber auch auf Gefahren aufmerksam zu machen und sich im Ringen um eine bessere Gesellschaft und gegen Gefahren zu engagieren. So will er in der Malerei, der er sich in den 80 er Jahren konsequent widmet, auf keine stilistischen Merkmale festlegen lassen. Seine Malerei ist überwiegend ungegenständlich. Mit Formen, die ab und zu fließend, ab und zu von fester Konsistenz, in Farben, die ziemlich hervorstechend sind, versucht er, die Atmosphäre, die Expression, seine Botschaft zum Ausdruck zu bringen. Manche seiner Formen ähneln Figuren, Landschaften, Bäumen, aber sind nicht klar definiert, er lässt da der Fantasie der Zuschauer freien Raum. Ja, er fordert sie sogar auf, sich an dem Prozess der Wahrnehmung zu beteiligen. Manchmal entdecken wir in den Bildern reale Figuren oder Gesichter, die dann eingefügt in den abstrakten Raum des Bildes eine Spannung bringen. Ein stilistischer Purist würde darin einen Bruch sehen, aber Ota Sik geht es nicht um eine stilistische Reinheit, sondern um eine Botschaft, die er an den Zuschauer richtet, und um sich in diesem Sinne verständlich zu machen, ist er bereit, stilistische und andere formale Regeln zu durchbrechen. Er nennt seine Bilder nur Immaginationen oder Mediationen oder Konfigurationen. Das Bedeutet, dass er seine Aussage nicht mit einem Titel begrenzen will, sondern sie durch Formen und Farben in diesem Strom bestimmt, wo jeder sich in die Stimmung des Bildes begeben kann, um dort eigenen konkrete Vorstellungen zu entwickeln. Die meisten Bilder sind sehr expressiv, es gibt aber auch welche, die still sind und meditativ. Wenn er reale Figuren oder Gesichter oder Gegenstände in das Bild hineinfügt, fehlt es oft nicht an Witz oder Ironie. Einige der meditativen Bilder haben eine sehr poetische Atmosphäre.
Die Handschrift des Malers ist meistens sehr heftig und temperamentvoll. Um den Ausdruck der malerischen Oberfläche noch zu stärken, fügt Sik in die Bilder Gegenstände ein, die er übermalt, oder macht mit irgendwelchen Mitteln eine Relief als Malerische Oberfläche, über der er dann seine Form- und Farnvorstellungen festhält. Diese Reliefartigen Bearbeitung der malerischen Fläche überschreitet aber nie ein Maß, dass das Bild zum Objekt machen würde. Es bleibt bei ihm immer bei der Malerei. Seine Formen scheuen nicht, sich zu einen rhythmischen Ornament zu fügen; manchmal sogar gibt es in den Bildern geometrische Strukturen. Aber das eigentliche Element von Siks Malerei ist die Materie der Farbe, die er bearbeitet und mit der er versucht, seinen Ausdruck und eine Aussage zu erzielen.
In diesem Bereich gibt es aber auch düstere Farben und bedrohliche Formen. Sik nimmt die Welt, in der er lebt, sehr aufmerksam wahr und registriert sehr genau die Gefahren, die den Menschen am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts bedrohen. Er ist ein engagierter Mensch und Künstler und äußert sich also auch zu diesen Situationen mit Bildern, die man als Warnung auffassen kann. Aber es gehört zur Weisheit eines Mannes, der ein turbulentes Leben durchbracht hat, dass Bilder, die Freude hervorrufen sollen, überwiege. Es gehört ja zu einer wichtigen Aufgabe der Kunst, eine Alternative zur Realität zu schaffen und Hoffnung zu geben. Der Maler Ota Sik versucht hier mit einer unglaublichen Vehemenz und Vitalität, ein Werk in diesem Sinne zu schaffen.
Dr. Peter Spielmann, Museumsdirektoer a.D.; Vorstandsmitglied der DTSG
Geboren am 11.09.1919 in Pilsen, aufgewachsen in Teplitz-Schönau,
CSR Wohnhaft in Prag
1924-36 Volksschule und Realschule in Teplitz-Schönau
und Prag
1933-34 Studium der Malerei im Abendunterricht an
der Kunsthochschule in Prag (UMPRUM)
1936-40 Angestellter bei den Firmen Ericson, Matador,
Koreska (alle Prag)
1936-40 gleichzeitige Beschäftigung als Maler
und malerische Weiterbildung in verschiedenen Abendkursen
1939-40 Illegale politische Aktivitäten seit
der deutschen Besetzung der CSR
1940-45 Verhaftung durch die Gestapo wegen der Beteiligung
an der illegalen Widerstandsbewegung und Verbannung in
das Konzentrationslager Mauthausen
Mai 1945 Befreiung durch die amerikanische Armee und Wiederkehr
in die CSR. Alle Bilder von Sik sind während seiner Verbannung verschollen
Ab 1945 Wird malerische Tätigkeit durch die
aktive politische Betätigung verdrängt
1947-52 Studium an der Hochschule für
seine politische und soziale Wissenschaften in Prag
1952-56 Dozent an der politischen Hochschule, Prag
1957-58 Professor an der politischen Hochschule,
Prag
1958-61 Prorektor und Professor am Institut für
Gesellschaftswissenschaften, Prag
1961-68 Direktor des Ökonomischen Instituts
der Akademie der Wissenschaften, Prag
1963-68 Zugleich Leiter der Regierungskommission
für die ökonomische Reform in der CSR, Ziel: Transformation der
Plan- in eine soziale Marktwirtschaft
1964-68 Präsident der ökonomischen Assoziation
der CSR
1965-68 Mitglied der Exekutive der internationalen
,. Ökonomischen Assoziation
1968 Vizeministerpräsident
und Wirtschaftsminister in der Regierung der CSR unter Alexander Dubcek
(April bis August 1968)
1968 Ernennung zum Ehrendoktor an der
Universität Lancaster (GB)
1968 August: Nach der sowjetischen Besetzung
der CSR, als Konterrevolutionär Nr. 1 bezeichnet und in der Folge
aus allen politischen Ämtern abgesetzt
1968 Oktober: Emigration in die Schweiz
1968-72 Wissenschaftlicher Mitarbeiter des
Instituts für angewandte Wirtschaftsforschung, Basel
1970-89 Professor für Systemvergleiche
an den Universitäten St. Gallen vormals HSG) und Zürich
1974 Verleihung des Deutschen Sachbuchpreises
Deutscher Bücherverband
1979 Festgabe für Ota Sik zum 60. Geburtstag:
"Wirtschaft und Gesellschaft", Hrsg. J. Kosta und U. Gärtner, Berlin
'79
1982 Wiederbeginn mit der Malerei neben der
Lehr- und Forschungstätigkeit
1989 Ernennung zum Ehrendoktor an der Gesamthochschule
in Kassel (BRD)
1989 Festgabe für Ota Sik zum 70. Geburtstag:
"The Evolution of Economic Systems", ed. K. Dopfer and K.F Raible, London
'89
1989 September: Übergang in den Ruhestand Prof. Emeritus der Universität
St. Gallen und Zürich
1990-91 nach der Wende in der CSR, Mitglied des Konsultationsrates
des Staatspräsidenten Vaclav Havel
1992 Verleihung des Karl- Leitl- Partnerschaftspreises"
vom Institut für partnerschaftliche Betriebsverfassung an der Universität
Linz
ab 1992 Rückkehr in die professionelle
Malertätigkeit, mit beginnenden Ausstellungen
1999 Jubiläumsausstellung zum 80. Geburtstag
im Regierungsgebäude des Kantons St. Gallen
1991 HSG (Universität) St. Gallen (CH), Juli
1993 Galerie Raubach, St. Gallen (CH), Mai
Kunsthalle St. Moritz, St. Moritz (CH), August Hotel Hilton - Galerieräume,
Basel (CH), September
1994 Karolinum Prag (Karlsuniversität), Prag (CR), März/April
Galerie Ursula Siegenthaler, Zürich (CH), Mai/Juni
Kulturhaus, Schluchsee (D), August Museum 60chum, 60chum (D), September/November
1994/95 Galerie Tausch u. Rüsse, Berlin (D), Dezember - Februar
1995 Jubiläumsausstellung Berliner EV-Büro, Brüssel (B), Oktober
1997 Galerie Burkarthof, Neukirch- Egnach (CH), Januar - März
Atelier-Galerie, Winterthur (CH), April
Städt. Galerie, Freiburg i. Br. (D), Juni - September
Galerie Krause Pfäffikon ZH (CH), Oktober
Kantonalbank, St. Gallen (CH), November/Dezember
1998 Greuterstiftung, lslikon (CH), April - Juni
Raiffeisenlandesbank, Linz (A), Oktober
1999 Galerie Burkarthof Neukirch-Egnach (CH), Juni/Juli
Regierungsgebäude, St. Gallen (CH), September/Oktober
Schloss Bad Zurzach, Bad Zurzach (CH), September - November
1999-2000 Toskanischer Palast, Prag (CR), 24. November - 22. Januar