"Kde domov muj... / Wo ist meine Heimat..."
Spuren tschechisch-deutscher Gemeinsamkeiten im 19. und 20. Jahrhundert
Ausstellung im Landschaftsverband Rheinland (Köln) vom 24.August bis 20. September 2001

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Ausstellung
Konzeption und Absicht
Wanderausstellung der Brücke-Most-Stiftung (Dresden/Freiburg)

Die Ausstellung "Kde domov muj... - Wo ist meine Heimat... Spuren tschechisch-deutscher Gemeinsamkeiten im 19. und 20. Jahrhundert" hat sich zum Ziel gesetzt, die deutsch-tschechische Geschichte unter dem besonderen Blickwinkel von Gemeinsamkeiten bis in die Gegenwart zu präsentieren. Die Erarbeitung des umfangreichen Materials glich einer Spurensuche unter den Trümmern der Vergangenheit.

Auf den rund 60 Ausstellungstafeln wird die deutsch-tschechische Symbiose in der Literatur, Musik und Bildenden Kunst sowie in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik dargestellt. Die Zerstörung dieser Symbiose durch den Nationalitätenkonflikt, das "Münchner Abkommen" von 1938 und die nationalsozialistische Gewaltherrschaft macht den "Bruch" der jahrhundertealten Gemeinsamkeiten sowie den Gegensatz von Macht und Kultur besonders deutlich.

Die kulturelle Leistung der jüdischen Bevölkerung, die lange Zeit bis zu ihrer Vernichtung Mittler zwischen Tschechen und Deutschen in den böhmischen Ländern war, wird besonders gewürdigt. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Persönlichkeiten, die sich auf beiden Seiten dem Nationalismus widersetzten und "Brückenbauer" zwischen Deutschen und Tschechen wurden. Sie waren Grenzgänger zwischen den Kulturen. Es ist das wesentliche Ziel der Ausstellung, diese Tradition bewußt zu machen und in die Zukunft fortzuführen in einem Europa, in dem Tschechen und Deutsche gleichberechtigte Partner und gute Nachbarn sind.

Die Ausstellung ist ein Projekt der Brücke-Most-Stiftung und wurde in über zweijähriger Arbeit von Studenten und Nachwuchswissenschaftlern aus verschiedenen europäischen Ländern unter der Leitung von Priv. Doz. Dr. Helmut Köser erarbeitet. Sie wurde am 4. Juni 1999 in Prag eröffnet.

Die Ausstellung wurde vom Deutsch-Tschechischen-Zukunftsfond finanziell gefördert.

Die Ausstellung ist als Wanderausstellung konzipiert und soll in tschechischen und deutschen Städten gezeigt werden.

Kurzfassung

In seinem 1896 entstandenen Gedichtzyklus "Larenopfer" läßt Rainer Maria Rilke eine tschechische Magd ein Lied singen: "Kde domov muj - Wo ist meine Heimat..." Dieses "Heimatlied" geht zurück auf das Volksstück "Fidlovacka" (Das Schusterfest) von Josef Kajetán Tyl aus dem Jahr 1834. Das Lied war sehr beliebt und wurde häufig gesungen. Ab 1918 war es Bestandteil der tschechoslowakischen Nationalhymne. Der Text wurde von Goethes Lied der Mignon aus dem Bildungsroman "Wilhelm Meisters Lehrjahre" beeinflusst. Ebenso wie in Mignons Sehnsuchtslied drückt das tschechische Heimatlied in Rilkes Gedicht die Haltlosigkeit und Orientierungslosigkeit der Moderne aus. Heimatlosigkeit - die zerstörte Symbiose zwischen Tschechen und Deutschen?

Die Ausstellung will zeigen, daß selbst in der Zeit zunehmender nationaler Konflikte, der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, des Krieges und der Vertreibung Spuren deutsch-tschechischer Gemeinsamkeiten in Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft festzustellen sind. Die Ausstellung ist gleichsam eine Spurensuche unter den Trümmern der jüngsten Vergangenheit. Die tschechisch-deutsche Konfliktgemeinschaft war zugleich eine Leidens- und Opfergemeinschaft. Tschechen und Deutsche hatten nahezu unterschiedslos das Versagen der Politik und die Diktatur der Gewalt zu ertragen. Auf beiden Seiten hatten die Gewalttäter geistige Wegbereiter und Mitläufer, die vom Nationalismus ideologisch verblendet waren. Vorurteile und Feindbilder prägten die wechselseitige Wahrnehmung, insofern gab es auch eine Tätergemeinschaft.

Es ist ferner ein Anliegen der Ausstellung, die deutsch-tschechische Symbiose und ihre Zerstörung gegenüber zu stellen. Die vielfältigen Gemeinsamkeiten hatten über Jahrzehnte hinweg zu einer kulturellen Blüte in Literatur, Malerei, Musik und Theater geführt wie nirgendwo sonst in Europa. Deren gewaltsame Zerstörung durch eine machiavellistische Politik ohne Gewissen und Moral macht den Kulturverlust besonders deutlich. Die Ausstellung zeigt Menschen und ihre Werke, die - freiwillig oder gezwungen - auf Wanderschaft waren. Heimat und Fremde - Verlust, zugleich aber auch schöpferischer Gewinn.

"Kde domov muj? Wo ist meine Heimat? So beginnt deine Hymne, verstummtes Volk", schreibt der ins Prager Exil geflohene Deutsche Alfred Wolfenstein 1939 in seiner Klage angesichts der Besetzung Böhmens und Mährens durch die deutsche Wehrmacht. Und in die Zukunft weisend weiter: "Wo ist unsere Heimat? Wir schaffen sie uns wieder, unsere Heimat ist im auferstehenden Europa".

In seiner Rede vor dem deutschen Bundestag und dem Bundesrat am 24. April 1997 hat der tschechische Präsident Václav Havel die Brücke zwischen Tschechen und Deutschen geschlagen, die nach Europa führt: "Gemeinsam und erfüllt vom gegenseitigen Vertrauen wollen wir zu dem großen Werk der europäischen Vereinigung beitragen und, von unseren eigenen geistigen Traditionen ausgehend, gemeinsam darin das bekräftigen, was die stärkste Bindung zwischen europäischen Staaten und Nationen darstellen kann, nämlich das Bewußtsein, daß wir miteinander eine gemeinsame Heimat der Gedanken, Werte und Ideale teilen".

Weitere Informationen zur Ausstellung auf den Seiten der Brücke-Most-Stiftung

Zielgruppen

Die Ausstellung wurde auf wissenschaftlicher Grundlage erarbeitet, ist jedoch allgemein verständlich dargestellt. In speziellem Maße sollen Schulklassen, Studenten und Jugendorganisationen angesprochen werden.


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Rahmenprogramm
Die Ausstellung wird durch ein Rahmenprogramm aus Lesungen, Konzerten und Diskussionen ergänzt.


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Veranstalter
Gemeinsame Veranstalter der Ausstellung und der Tschechischen Kulturtage sind der Landschaftsverband Rheinland (LVR), die Deutsch-Tschechische und -Slowakische Gesellschaft e.V. und die Bonner Außenstelle der Botschaft der Tschechischen Republik.
Die Mitveranstalter des Rahmenprogramms sind bei den einzelnen Programmpunkten angegeben.

Die Ausstellung "Kde domov muj... - Wo ist meine Heimat... Spuren tschechisch-deutscher Gemeinsamkeiten im 19. und 20. Jahrhundert" ist eine Produktion der Brücke-Most-Stiftung.